Presseaussendung: Alianza – Auswege aus der Agrarkrise

In Deutschland und Österreich protestieren die Bauern. Auswege aus der Agrarkrise suchen Landwirte gemeinsam im internationalen Projekt „Alianza“. Herzliche Einladung zu Hofbesuchen mit Pressegesprächen!

Ausgehend von Traktor-Demos, Straßensperren und Kundgebungen in Deutschland steigen nun auch in Österreich Landwirte auf die Barrikaden. Auch wenn sich der Unmut in Deutschland am geplanten Aus von Dieselvergünstigungen entzündete, liegen die Probleme – auch in Österreich – tiefer: Bäuerinnen und Bauern fühlen sich ausgeliefert gegenüber Industrie, Handel und Verbänden; sie leiden unter hoher Bürokratie und Kontrolle, spüren immer stärker die Folgen der Klimaerwärmung und wünschen sich mehr Planungssicherheit für die Zukunft ihrer Betriebe.

Um Auswege aus der Agrarkrise geht es beim internationalen Projekt „Alianza Österreich – Argentinien: Gemeinsam für eine zukunftsfähige Landwirtschaft“. Welthaus Graz hat es gemeinsam mit der argentinischen Organisation INCUPO und mit Unterstützung durch das Klimaschutzministerium ins Leben gerufen: „Die Rahmenbedingungen für eine nachhaltige landwirtschaftliche und tierische Produktion können nur auf Basis der Erfahrungen bäuerlicher Betriebe gestaltet werden“, sagt Projekt-Koordinatorin Margareta Moser. Der Austausch zwischen argentinischen und österreichischen Landwirt:innen unterschiedlichster Betriebe ist ein zentrales Element des Projekts: Im November 2022 reiste eine Gruppe von elf steirischen Landwirt:innen zusammen mit drei Mitarbeiter:innen von Welthaus Graz nach Argentinien. Im Vorjahr kam eine Delegation argentinischer Bäuerinnen und Bauern nach Österreich.

„Mir gefällt der Grundsatz „Globale Probleme brauchen globale Lösungen“ sehr am Projekt. Österreich alleine wird die Welt nicht verändern können, doch gemeinsam kann man etwas bewegen!“, sagt Lukas Nistelberger, Schweinebauer aus Weiz. „Die Vernetzung mit Bauern im eigenen Land und auch international ist sehr spannend und wichtig für die Weiterentwicklung am Betrieb und in der Landwirtschaft“, meint Romana Langmann, Bäuerin in Deutschfeistritz. Ihre Kollegin Gerlinde Karner-Friedrich ergänzt: „Oft wird über uns Bauern und Bäuerinnen geredet. An dem Projekt finde ich super, dass die Land:wirtinnen in Österreich und Argentinien selbst zu Wort kommen.“ „Gute Lebensmittel, gute Produkte sind uns extrem wichtig. Wenn das wieder einen Wert hätte, bräuchten wir über viele Dinge gar nicht diskutieren“, meint Alois Kiegerl, Bauer aus der Weststeiermark. Und Maria Doppelhofer, Bäuerin aus dem Joglland betont: „Es ist wichtig, dass die Öffentlichkeit weiß, wie es in der Landwirtschaft wirklich ist und nicht nur das glaubt, was die Werbung sagt.“

Nach den internationalen Lernreisen finden nun regionale Austauschbesuche auf steirischen Höfen statt. „Bäuerinnen und Bauern haben die Möglichkeit, sich über nachhaltige Methoden der Landwirtschaft auszutauschen und sich an der Ausarbeitung notwendiger Rahmenbedingungen zu beteiligen“, so Moser. Diese werden dann in der letzten Projektphase von der Politik eingefordert! Bäuerinnen und Bauern sind herzlich zu den Austauschbesuchen eingeladen (Anmeldung erforderlich).

ALIANZA-Projekt im ORF

Sogar der ORF wurde auf unser innovatives Projekt aufmerksam und ein Filmteam vom ORF „Studio 2“ drehte bei Familie Lanzer am Mötschlmeierhof. Barbara Lanzer und Thomas Lanzer-Breitfuß erzählen in diesem Beitrag von ihrer Leidenschaft zum Beruf, von Herausforderungen und Zukunftsvisionen der familiären Landwirtschaft. Ergänzt werden diese wunderschönen Aufnahmen noch von Worten unseres Geschäftsführers Markus Meister, der LIVE ins Studio nach Wien eingeladen wurde und die Hintergründe und Ideen des Projekts ALIANZA ÖSTERREICH – ARGENTINIEN näher vorstellen durfte.

ORF „Studio 2 – Klimafreitag: Bauernsterben – Projekt Alianza – Familie Lanzer + Talk zu „Wertschätzung für die LW“ mit Markus Meister“, ORF-Sendung vom 07.07.2023

Pressebericht von Rinderbauer Alois Kiegerl

Was haben ein argentinischer Rinderbauer und ein weststeirischer Bergbauer gemeinsam?

Auf den zweiten Blick mehr als man auf den ersten Blick glauben möchte!

Anibal Fretes wohnt in der Provinz Chaco im Norden von Argentinien und Alois Kiegerl in Trahütten im Süden von Österreich. Beide besitzen 26 Mutterkühe und beide sind Rinderbauern aus Leidenschaft. Beide wohnen nicht unbedingt in Gunstlagen. Beide machen sich viele Gedanken über die Zukunft der Rinderhaltung. Beide glauben, dass sie durch die Kreislaufwirtschaft mit ihren Rindern einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz und zur Produktion von wertvollen Lebensmitteln leisten können. Kein Wunder, dass sie sich schon auf Anhieb, trotz der großen sprachlichen Barriere, blendend verstanden haben. Der Google Übersetzer und die Dolmetscher von unserem Projekt machten das möglich! Projekt? Projekt Alianza Österreich – Argentinien: Gemeinsam für eine zukunftsfähige Landwirtschaft, lautet der Titel. Dieses wurde vom Welthaus der Diözese Graz-Seckau gemeinsam mit ihrer argentinischen Partnerorganisation INCUPO initiiert und hat folgende Ziele:

  • Globale Zusammenhänge erkennen
  • Erfahrungsaustausch zwischen bäuerlichen Familienbetrieben
  • Bekannt machen und Entwicklung nachhaltiger Betriebsweisen
  • Starke Argumente für den Kauf regional erzeugter Produkte entwickeln
  • Ein wertschätzendes Bild der familiären Landwirtschaft vermitteln
  • Rahmenbedingungen für eine nachhaltige tierische Produktion einfordern

Wie kann man das besser erreichen, als zum jeweils anderen zu reisen und zu schauen, was der oder die so machen? Das haben wir 11 Bäuerinnen und Bauern aus der Steiermark, gemeinsam mit 3 Mitarbeiter:innen vom Welthaus, vom 5.–20. November gemacht und die Ergebnisse sind für mich sehr eindrucksvoll! Der Erfahrungsaustauch war sehr intensiv, die Tage ereignisreich, die Nächte kurz und so viele Ideen schwirren in unseren Köpfen herum (und wurden natürlich auch schon auf Papier gebracht). Fortgesetzt wird das Ganze dann im Frühling, wenn die Argentinier zu uns kommen. Von 13. bis 26. April werden sie bei uns in der Steiermark sein und auch Anibal wird mitkommen. Am 18. April werden sie bei uns am Hof sein, worauf wir uns schon sehr freuen. Ich weiß zwar nicht, ob wir es mit der Gastfreundschaft der Argentinier aufnehmen können, aber wir werden uns bemühen!

Das eine muss aber unbedingt gesagt werden: Die Intensität der Probleme ist doch in Argentinien eine ganz andere. Während bei uns doch das meiste lösbar erscheint, waren wir bei manchen Dingen dort ziemlich ratlos und das stimmte uns traurig. Zum Beispiel werden die Brunnen von benachbarten Bewohnern und Schulen durch die unkontrollierte Ausbringung von Pestiziden durch die industrielle Landwirtschaft vergiftet. Die Wege zu den ländlichen Betrieben und Schulen verwandeln sich bei Regen in unpassierbare Gatschpisten. Oder der Umstand, dass auf Grund der andauernden Trockenheit heuer bereits wieder etliche Tiere verendet auf den Weiden lagen. Der Klimawandel ist deutlich spürbar, die Ausbreitung der Großgrundbesitzer gefährlich. Aber für allzu viel Traurigkeit ließen uns unsere Gastgeber keine Zeit! Die Herzlichkeit und die Gastfreundschaft sind etwas, das uns in Erinnerung bleiben wird. Wir tanzten, sangen und lachten gemeinsam.

Auch die unglaubliche Weite des Landes – Argentinien ist 33-mal so groß wie Österreich – lernten wir kennen. In Summe legten wir in diesen zwei Wochen über 1600 km zurück und besuchten 14 Betriebe und Organisationen. Am Ende der Reise trafen wir uns noch einmal mit allen in der Hauptstadt und formulierten gemeinsam die Erklärung von Buenos Aires, welche wir auch gemeinsam am Sitz der argentinischen Bischofskonferenz verlasen. Diese ist uns eine Herzensangelegenheit, denn sie beinhaltet unter anderem Dinge, die wir verändern können. Und diese gibt es! Ein großartiger Ansatz ist zum Beispiel, dass Peter Pucher – der ebenfalls auf der Reise in Argentinien dabei war – ab April versuchen wird, nur mehr europäischen, gentechnikfreien Soja an seine Schweine zu verfüttern. Gemeinsam werden wir mit dem Team vom Alianza-Projekt an weiteren Möglichkeiten arbeiten, denn wie schon meine Frau Alexandra im argentinischen Fernsehen sagte:

„Die familiäre Landwirtschaft ist eigentlich der einzig richtige Weg, um sehr viele Probleme, die wir heutzutage haben – Klimawandel, Welternährung usw. – gut meistern zu können.“

Pressebericht von Alois Kiegerl, Rinderbauer aus der Weststeiermark und Kammerfunktionär

Austausch über Argentinien-Lernreise

Im Rahmen des Austauschprojektes ALIANZA ÖSTERREICH – ARGENTINIEN trafen sich gestern 30 steirische Landwirt:innen im Welthaus Graz um sich unter dem Motto „Gemeinsam für eine zukunftsfähige Landwirtschaft“ auszutauschen. In einer nachgestellten Pressekonferenz wurden die Erkenntnisse und Erfahrungen der Argentinienreise an die daheim gebliebenen Projektteilnehmer:innen weitergetragen und besprochen. Stark diskutiert wurden dabei die Umsetzungsmaßnahmen und Forderungen der „Erklärung von Buenos Aires“. Die österreichischen Bäuerinnen und Bauern sind gewillt zu handeln und haben die Erkenntnis gewonnen:

„Wir müssen uns selbst auf die Füße stellen und uns für eine funktionierende Landwirtschaft einsetzen.“

Erstes Austausch- und Vernetzungstreffen

Ende September versammelten sich 19 motivierte Landwirt:innen am Steiermarkhof in Graz zu einem ersten Austausch- und Vernetzungstreffen. Es wurde eine Standortbestimmung durchgeführt und die teilnehmenden Bäuerinnen und Bauern kamen zu der Erkenntnis, dass es Dinge innerhalb des österreichischen Ernährungssystems gibt, die sie verändern können. Erfreut stellten die Landwirte Manfred Holzer, Georg Huhs und Alois Kiegerl fest:

„Es macht Mut, wenn man sieht, worauf man Einfluss hat.“

Durch die Erstellung einer Systemkarte, welche das österreichische Ernährungssystem (mit Fokus auf tierische Produktion) abbildet, wurde gut sichtbar, welche Elemente beeinflussbar sind: standortangepasste Produktion bzw. Anpassungsfähigkeit der Landwirtschaft, Vernetzung, Kommunikation und Austausch zwischen Konsument:innen und Produzent:innen. Die Bäuerinnen und Bauern wollen nun aktiv werden und Welthaus und INCUPO möchten sie darin unterstützen. Im Zuge des Alianza-Projekts sollen Brücken zu Politik und Wissenschaft gebaut werden, um die nötigen Rahmenbedingungen für die erstrebten Veränderungen zu schaffen. Damit Landwirtschaft klimafit und enkel:innentauglich wird.

Die ausgearbeiteten Systemkarten können in der Ergebnis-Broschüre des Workshops eingesehen werden: