Welthaus feiert Geburtstag: Seit 50 Jahren stärkt die Einrichtung der Diözese Graz-Seckau weltweit Menschen dabei, ihre Lebensbedingungen zu verbessern. In der Steiermark fanden mehr als 2000 Welthaus-Veranstaltungen zu globalen Themen statt.
Eine kleine Zeitreise zurück ins Jahr 1970: Bruno Kreisky wird Bundeskanzler. In den USA regiert Richard Nixon. Die Proteste gegen den Vietnamkrieg halten an. Brasilien wird Fußballweltmeister. 1970 markiert die Auflösung der Beatles und den Tod von Jimi Hendrix und Janis Joplin. Und: Es ist das Geburtsjahr von Welthaus. Unter dem Namen „Diözesankommission für Weltkirche und Entwicklungsförderung“ wird es am 29. Mai von Altbischof Johann Weber in Graz aus der Taufe gehoben. Die Gründung ist stark beeinflusst vom Zweiten Vatikanischen Konzil (1962 – 65). Dieses betont, die Weltgemeinschaft sei auch als Solidargemeinschaft zu verstehen. In Zeiten der sozialen Teilung der Welt gehöre es zur Aufgabe der Kirche, immer wieder das Teilen in Erinnerung zu rufen und selbst die nötige Solidarität zu leben.
Seit 1970 nimmt Welthaus diese Aufgabe im Auftrag der Katholischen Kirche Steiermark wahr. Es unterstützt Menschen in Regionen der Welt, die besonders von Armut und Ungerechtigkeit betroffen sind. In fünf Jahrzehnten hat Welthaus in über 50 Ländern Entwicklungsprojekte unterstützt und begleitet. Mehr als 2000 Workshops und Veranstaltungen von Welthaus haben hierzulande über globale Zusammenhänge informiert und für eine nachhaltige Lebensweise geworben. Die finanziellen Mittel dafür stammen überwiegend von der Diözese Graz-Seckau sowie aus Kofinanzierungen durch die öffentliche Hand und Spenden.
Welthaus stärkt Menschen
Was 1970 als Ein-Mann-Betrieb begann, ist heute die größte entwicklungspolitische Organisation der Steiermark. „Von Anfang an stand der Einsatz für Gerechtigkeit und Menschenwürde im Mittelpunkt“, erzählt Dietmar Schreiner. Seit 36 Jahren ist der studierte Theologe Geschäftsführer von Welthaus. „Wir fördern Projekte unabhängig von Hautfarbe, Religion oder Weltanschauung“, betont Schreiner. Ob Indigene in Guatemala, Kleinbauernfamilien in Tansania, Straßenkinder in der Ukraine oder Roma in der Slowakei: Im Fokus steht die langfristige Verbesserung von Lebensbedingungen. Die Projekte werden gemeinsam mit den Zielgruppen und lokalen Partnerorganisationen entwickelt. Bekämpft werden nicht die Symptome, sondern die Ursachen von Armut.
Ernährung sichern
Das Menschenrecht auf ausreichende, gesunde und lokal angepasste Ernährung war stets ein Schwerpunkt der Arbeit von Welthaus. In zahlreichen Projekten ist es gelungen, die Ernährungslage von Menschen langfristig zu verbessern – etwa durch klimatisch angepasste Landwirtschaft, verbesserte Techniken bei Anbau, Ernte und Lagerung sowie den Zugang zu lokalen Märkten. „Bei meiner Reise durch Laos war ich erschüttert von der Armut der ländlichen Bevölkerung“, schildert Schreiner: „Das Grundnahrungsmittel Reis reichte oft nur für einige Monate. Der Rest des Jahres war von Hunger geprägt. Es ist schön zu sehen, dass viele Familien durch unsere Projekte keinen Hunger mehr leiden müssen.“
Schutz der Lebensgrundlagen
Der Kampf gegen Hunger und extreme Armut konnte weltweit seit 1970 zum Glück große Erfolge verzeichnen. Zugleich sind die Lebensgrundlagen vieler Menschen heute von einer Politik bedroht, die vorwiegend einer kleinen, reichen Minderheit dient. In Brasilien schreitet die Abholzung riesiger Regenwaldflächen im Rekordtempo voran. In vielen Entwicklungs- und Schwellenländern ist der Kampf um fruchtbares Land zwischen der lokalen Bevölkerung und global agierenden Konzernen in vollem Gange. Konsumgüter – von Kleidung über Elektrogeräte bis zu Spielzeug – werden dort produziert, wo die Löhne am billigsten, die Steuern am niedrigsten und Arbeitsrechte nicht existent sind.
Die Schattenseiten der Globalisierung können nur auf politischer Ebene gelöst werden. Daher setzt Welthaus einen Schwerpunkt seiner Arbeit auf den Abbau von ungerechten Strukturen und Rahmenbedingungen, etwa durch politisches Lobbying auf nationaler und internationaler Ebene. Die Abkehr vom alles andere als klimafreundlichen Agrotreibstoff in der EU geht nicht zuletzt auf die anwaltschaftliche Arbeit von Welthaus und weiteren NGOs zurück.
Maßnahmen gegen die Klimakrise
Die Verhinderung der drohenden Klimakatastrophe ist eine der größten Herausforderungen für die Weltgemeinschaft. Dank Greta Thunberg und „Fridays for Future“ ist Klimaschutz endlich medial und politisch ein großes Thema. Welthaus unterstützt seit vielen Jahren Menschen in Afrika, Asien und Lateinamerika dabei, sich an die Folgen der globalen Erwärmung anzupassen. In Österreich steht Welthaus hinter den Forderungen nach öko-sozialen Maßnahmen gegen die Klimakrise und kooperiert mit Bewegungen wie „Fridays for Future“.
Einsatz für Religionsfreiheit
Ein relativ neuer Schwerpunkt in der Arbeit von Welthaus ist der Einsatz für das Menschenrecht auf Religionsfreiheit. In zahlreichen Ländern werden Menschen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit diskriminiert, unterdrückt, verfolgt und ermordet. Welthaus macht diese Menschenrechtsverletzungen öffentlich und zeigt positive Beispiele auf, wie Religionsfreiheit und Dialog zwischen Religionen gelingen können.
Globales Lernen
In der Bildungsarbeit arbeitet Welthaus mit der Methode des „Globalen Lernens”. Dabei geht es um die Vermittlung einer weltweiten Perspektive und die Verwendung von ganzheitlichen Methoden. Schulprojekte, Workshops, Kampagnen, Vorträge, Lesungen, Filmscreenings, Diskussionsabende und ein Medienverleih regen dazu an, mit Menschen aus anderen Kulturen in offenen Kontakt zu treten, die Welt aus der Sicht anderer zu betrachten und die Konsequenzen des eigenen Handelns in einem globalen Zusammenhang zu sehen.