Tânia de Souza Santos hat im März 2017 auf Einladung vom AK Weltkirche/Pfarre Schutzengel und Welthaus die Steiermark besucht und war dabei auch in Schulen in Weiz und Graz zu Gast – mit Workshops zur Situation in ihrer Heimat Brasilien. Wieder zu Hause in Santa Maria da Vitória (Bahia) hat sie einen Brief an die SchülerInnen geschrieben, den wir hier gerne veröffentlichen:
Grüße aus Brasilien!
Nach drei intensiven Wochen in Österreich (12.-28. März) bin ich wieder zu Hause. Es ist mir wichtig, Euch zu schreiben und mich für die Gelegenheit zu bedanken, mit Euch über unsere beiden Länder zu sprechen: Über die große soziale Ungleichheit in Brasilien und vor allem über die Widersprüche beim Import- und Exportsystem, das unsere Regierungen aufrechterhalten.
In den Workshops hatte ich die Gelegenheit, einige Probleme Brasiliens darzulegen, besonders jenes, das im Herzen Brasiliens im Ökosystem des Cerrado – der „Brasilianischen Savanne“ – vorhanden ist. Dieser Cerrado ist massiv vom Verschwinden bedroht. Grund dafür ist das exportorientierte Wirtschaftsmodell der brasilianischen Regierung, das große soziale, ökologische und wirtschaftliche Auswirkungen auf die Mehrheit der dort lebenden Bevölkerung hat. Die Gewinner bei diesen Exporten sind multinationale Konzerne und Großgrundbesitzer.
Ich hoffe, dass ich Euer Interesse geweckt habe und dass Ihr weiterhin dazu und zu anderen Themen, die Brasilien betreffen, Informationen sucht. Schließlich ist uns bewusst, dass Brasilien nicht nur das Land des Karnevals, des Sambas und des Fußballs ist. Es ist vielfältiger und auch voller Widersprüche.
Das Zusammensein mit Euch Jugendlichen bewegte mich sehr und führte dazu, über die Realität der brasilianischen Jugendlichen nachzudenken. Die soziale Ungleichheit in Brasilien betrifft vorwiegend die Jugend – besonders die schwarze Jugend, die unter dem Mangel an Bildungsmöglichkeit und Arbeit leidet und keine Perspektiven und Träume haben darf.
Dies hat für die Jugend schlimmste Folgen, wie auf der Karte der Gewalt aus dem Jahr 2014 zu sehen ist: 82 Jugendliche werden täglich in Brasilien ermordet. 77 % von ihnen haben eine dunkle Hautfarbe. Die sozialen Ungleichheiten führten das Haftsystem des Landes in eine schwere Krise. Aktuell sind ca. 550.000 Personen eingesperrt. Damit hat Brasilien die viertgrößte inhaftierte Bevölkerung weltweit. Von diesen Häftlingen sind 53 % schwarz und 27 % von ihnen sind zwischen 18 und 24 Jahren alt. Dies ist eine sehr schockierende Realität und es gibt wenige Initiativen, um diesen Zustand zu ändern.
Aber trotz all dieser Probleme gab mir das Zusammensein mit Euch viel Hoffnung. Ich bin gestärkt nach Hause zurückgekehrt, um gemeinsam mit anderen den Kampf für ein würdigeres Leben für alle fortzuführen.
Ich danke den DirektorInnen, ProfessorInnen und dem Welthaus, die mich eingeladen und die Workshops organisiert haben, und Euch SchülerInnen für die ausgezeichneten Gespräche. Ich kehrte zurück mit dem Gefühl, dass ich mehr gelernt habe als ich weitergeben konnte. Und dies verdanke ich Euch. Danke!
Ich wünsche Euch alles Gute und dass Ihr eine wunderbare Zeit habt.
Tânia de Souza Santos
Landpastoralkommission CPT, Bahia/Brasilien