„Fleisch ist viel zu billig!“

Foto: F. Plankensteiner

Spannende Diskussion im Welthaus über Fleischkonsum, globale Folgen und Alternativen.

Mehr als 60 Kilogramm Fleisch essen wir im Schnitt pro Kopf und Jahr in Österreich – doppelt so viel wie vor 50 Jahren. Die Supermärkte locken Kunden mit Billigfleisch, der Sonntagsbraten wurde längst zum Alltagsbraten. Über die Gewinner und Verlierer dieser Entwicklung diskutierte eine hochkarätige Runde im Welthaus. „Zwei Mal Fleisch pro Woche ist genug“, meinte Hermann Neuburger. Der Hersteller von „sagen Sie niemals Leberkäse zu ihm“ erzählte, dass er aus dieser Überzeugung heraus mit der Marke „Hermann Fleischlos“ vor einigen Jahren eine fleischlose Alternative auf den Markt gebracht hat. Dafür wurde er sogar zum Pilzzüchter: Die Kräuterseitlinge für seine vegetarischen Würstel und Bratstreifen wachsen am Sitz des Mühlviertler Familienbetriebes. „Unsere Zielgruppe sind die Flexitarier.“

Jene Menschen, die weniger Fleisch essen, aber dafür auf gute Qualität achten, möchte auch Norbert Hackl mit seinem Biohof Labonca ansprechen. Hackl, ein Pionier der artgerechten Bio-Tierhaltung, schilderte, wie er 1999 den konventionellen Bauernhof der Familie in Burgau übernommen und ab 2003 auf Bio umgestellt hat. „Heute arbeiten wir in einem geschlossenen Kreislauf: von der Ganzjahres-Freilandhaltung über die hofeigene Weideschlachtung und Bio-Verarbeitung bis zur Gastronomie und dem Direktvertrieb.“ Natürlich sei das nach wie vor eine Nische, meinte Hackl, aber angesichts des anhaltenden „Bauernsterbens“ sei er überzeugt, für sich den richtigen Weg eingeschlagen zu haben.

In Österreich stagniert der Fleischkonsum auf hohem Niveau. Global gesehen steigt er jedoch stark an – gerade in bevölkerungsreichen Ländern wie China und Indien. Mit gravierenden Folgen, wie Sigrun Zwanzger vom Welthaus schilderte. So führe der fortschreitende Anbau von Soja als Tierfutter für den europäischen Markt in Lateinamerika zu Abholzungen, Vertreibungen und Umweltzerstörung. Gemeinsam mit dem Verkehr sei die industrielle Landwirtschaft auch einer der wesentlichen Faktoren für den fortschreitenden Klimawandel.

Der Trend zur Marktkonzentration sei bei den landwirtschaftlichen Betrieben wie bei den Supermärkten deutlich zu sehen, meinte Hackl: „Die meisten Bauern können ohne Subventionen nicht überleben. Und es werden immer weniger. Bei uns im Ort gibt es nur noch zwei.“ Wie könnte eine Trendumkehr gelingen? Zwanzger verwies auf die laufende Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik in der EU. Anstatt wie bisher flächenorientiert sollten die Gelder aus dem Fördertopf verstärkt Bemühungen um Qualität fördern: Etwa die Erhaltung der Artenvielfalt, die Erweiterung von Fleilaufflächen oder die Reduktion von Spritzmitteln.
„Derzeit ist Fleisch viel zu billig“, meinte Hackl. Der Preis müsse wieder den wahren Wert dieses Lebensmittels widerspiegeln. „Deutlich weniger Fleisch, dafür von höchster Qualität“ wäre jedenfalls gut für die Gesundheit, für die Tiere, die Umwelt und die Welternährung, so Zwanzger.