Pater Painadath in Graz: Über den Dialog der Religionen

Foto: Ernst Zerche

Der indische Jesuit P. Sebastian Painadath sprach vor 170 ZuhörerInnen im Barocksaal des Grazer Priesterseminars zu einer Theologie der inter-religiösen Harmonie.

Vollbesetzt war der Barocksaal in der Grazer Bürgergasse am 18.1., als P. Sebastian Painadath zum Thema „Der eine Geist und die vielen Religionen“ sprach. Pater Painadath hat in Innsbruck und Tübingen studiert und bietet auf Einladung von Missio Deutschland seit 30 Jahren Dialogseminare und Meditationskurse an, die eine Ost-West-Begegnung in der Mystik ermöglichen. In Zusammenarbeit mit dem Welthaus und dem Bildungshaus Mariatrost wurden im Haus der Stille zu den Schriften von Meister Eckhart und den Upanishaden Schweigeexerzitien und Meditationen angeboten. Das hohe Interesse am Vortrag und den Exerzitien unterstreicht das hohe Bedürfnis vieler Menschen nach einer authentischen Spiritualität,  die das Verbindende in den Religionen sucht, ohne einem platten Synkretismus das Wort zu reden.

Pater Painadath hat in Kalady-Südindien im Auftrag der Jesuiten das geistliche Begegnungszentrum „Sameeksha“ gegründet. Ein christliches Ashram, wo Menschen aus allen Religionen im Sinne eines Dialoges willkommen sind. Indien hat einen großen Erfahrungsschatz im Zusammenleben der Religionen. Ein Erfahrungsschatz, der in Europa durch einen zunehmenden Religionspluralismus an Bedeutung gewinnen wird. Pater Painadath entstammt einer syro-malabarischen christlichen Tradition und einer Familie von Hindu-Sanskrit-Gelehrten.  Für ihn ist die Vielfalt der Religionen keine Katastrophe, sondern eine Verheißung, die es zu deuten gilt. Denn in der Begegnung mit dem Andersglaubenden kann ich meinen eigenen Glauben tiefer verstehen und leben lernen. So treffen sich etwa Religionsvertreter jeden Monat in seinem Ashram, wobei ein Vertreter jeweils einen Text der heiligen Schrift des anderen aus seiner Sicht deutet oder einen bedeutenden Heiligen vorstellt.

Zum Abschluss seines Vortrages lud Pater Painadath dazu ein, in unseren Gemeinden feste Freundeskreise mit den Nachbarn einer anderen religiösen und kulturellen Herkunft zu bilden: gemeinsam das Brot zu teilen, Lebensfragen zu diskutieren, lokale Probleme zu besprechen, sich gemeinsam für den Frieden einzusetzen, miteinander Feste zu feiern und auch miteinander die Schriften der verschiedenen Religionen zu lesen. Solche Zusammenkünfte werden eventuelle Vorurteile, die das Zusammenleben und den Frieden belasten, beseitigen helfen. Denn die Zukunft liegt im respektvollen Miteinander-sein in Bezug auf die Vielfalt und nicht in einer „Gleichmacherei“.

Dazu schrieb der Jesuit den, wie er es nennt, „Herzschlag“ der indischen Kultur auf eine Plakattafel: „Die göttliche Wahrheit ist eine – wir sprechen darüber aber in vielen Sprachen“  (übersetzt aus der Rig Veda, 1200 vor Christus).

Ernst Zerche

Literaturempfehlungen:
Wir alle sind Pilger. Gebete der Welt. Kösel Verlag München, 2010
Erkenne deine göttliche Natur. 55 Meditative Schritte zur Selbsterkenntnis. Vier-Türme Verlag, 2016