Pressebericht von Rinderbauer Alois Kiegerl

Was haben ein argentinischer Rinderbauer und ein weststeirischer Bergbauer gemeinsam?

Auf den zweiten Blick mehr als man auf den ersten Blick glauben möchte!

Anibal Fretes wohnt in der Provinz Chaco im Norden von Argentinien und Alois Kiegerl in Trahütten im Süden von Österreich. Beide besitzen 26 Mutterkühe und beide sind Rinderbauern aus Leidenschaft. Beide wohnen nicht unbedingt in Gunstlagen. Beide machen sich viele Gedanken über die Zukunft der Rinderhaltung. Beide glauben, dass sie durch die Kreislaufwirtschaft mit ihren Rindern einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz und zur Produktion von wertvollen Lebensmitteln leisten können. Kein Wunder, dass sie sich schon auf Anhieb, trotz der großen sprachlichen Barriere, blendend verstanden haben. Der Google Übersetzer und die Dolmetscher von unserem Projekt machten das möglich! Projekt? Projekt Alianza Österreich – Argentinien: Gemeinsam für eine zukunftsfähige Landwirtschaft, lautet der Titel. Dieses wurde vom Welthaus der Diözese Graz-Seckau gemeinsam mit ihrer argentinischen Partnerorganisation INCUPO initiiert und hat folgende Ziele:

  • Globale Zusammenhänge erkennen
  • Erfahrungsaustausch zwischen bäuerlichen Familienbetrieben
  • Bekannt machen und Entwicklung nachhaltiger Betriebsweisen
  • Starke Argumente für den Kauf regional erzeugter Produkte entwickeln
  • Ein wertschätzendes Bild der familiären Landwirtschaft vermitteln
  • Rahmenbedingungen für eine nachhaltige tierische Produktion einfordern

Wie kann man das besser erreichen, als zum jeweils anderen zu reisen und zu schauen, was der oder die so machen? Das haben wir 11 Bäuerinnen und Bauern aus der Steiermark, gemeinsam mit 3 Mitarbeiter:innen vom Welthaus, vom 5.–20. November gemacht und die Ergebnisse sind für mich sehr eindrucksvoll! Der Erfahrungsaustauch war sehr intensiv, die Tage ereignisreich, die Nächte kurz und so viele Ideen schwirren in unseren Köpfen herum (und wurden natürlich auch schon auf Papier gebracht). Fortgesetzt wird das Ganze dann im Frühling, wenn die Argentinier zu uns kommen. Von 13. bis 26. April werden sie bei uns in der Steiermark sein und auch Anibal wird mitkommen. Am 18. April werden sie bei uns am Hof sein, worauf wir uns schon sehr freuen. Ich weiß zwar nicht, ob wir es mit der Gastfreundschaft der Argentinier aufnehmen können, aber wir werden uns bemühen!

Das eine muss aber unbedingt gesagt werden: Die Intensität der Probleme ist doch in Argentinien eine ganz andere. Während bei uns doch das meiste lösbar erscheint, waren wir bei manchen Dingen dort ziemlich ratlos und das stimmte uns traurig. Zum Beispiel werden die Brunnen von benachbarten Bewohnern und Schulen durch die unkontrollierte Ausbringung von Pestiziden durch die industrielle Landwirtschaft vergiftet. Die Wege zu den ländlichen Betrieben und Schulen verwandeln sich bei Regen in unpassierbare Gatschpisten. Oder der Umstand, dass auf Grund der andauernden Trockenheit heuer bereits wieder etliche Tiere verendet auf den Weiden lagen. Der Klimawandel ist deutlich spürbar, die Ausbreitung der Großgrundbesitzer gefährlich. Aber für allzu viel Traurigkeit ließen uns unsere Gastgeber keine Zeit! Die Herzlichkeit und die Gastfreundschaft sind etwas, das uns in Erinnerung bleiben wird. Wir tanzten, sangen und lachten gemeinsam.

Auch die unglaubliche Weite des Landes – Argentinien ist 33-mal so groß wie Österreich – lernten wir kennen. In Summe legten wir in diesen zwei Wochen über 1600 km zurück und besuchten 14 Betriebe und Organisationen. Am Ende der Reise trafen wir uns noch einmal mit allen in der Hauptstadt und formulierten gemeinsam die Erklärung von Buenos Aires, welche wir auch gemeinsam am Sitz der argentinischen Bischofskonferenz verlasen. Diese ist uns eine Herzensangelegenheit, denn sie beinhaltet unter anderem Dinge, die wir verändern können. Und diese gibt es! Ein großartiger Ansatz ist zum Beispiel, dass Peter Pucher – der ebenfalls auf der Reise in Argentinien dabei war – ab April versuchen wird, nur mehr europäischen, gentechnikfreien Soja an seine Schweine zu verfüttern. Gemeinsam werden wir mit dem Team vom Alianza-Projekt an weiteren Möglichkeiten arbeiten, denn wie schon meine Frau Alexandra im argentinischen Fernsehen sagte:

„Die familiäre Landwirtschaft ist eigentlich der einzig richtige Weg, um sehr viele Probleme, die wir heutzutage haben – Klimawandel, Welternährung usw. – gut meistern zu können.“

Pressebericht von Alois Kiegerl, Rinderbauer aus der Weststeiermark und Kammerfunktionär