Welthaus: ÖVP-Bauernbund und SPÖ handeln im Widerspruch zu Positionen in der Öffentlichkeit
Die Regierungsfraktionen von ÖVP, SPÖ und NEOS haben gestern im Nationalrat einen Antrag der Grünen auf rechtliche Überprüfung des EU-Mercosur-Abkommens beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) abgelehnt. Dabei hätte der EuGH prüfen sollen, ob das „Splitting“ des Abkommens mit EU-Recht vereinbar ist, was Rechtsgutachten bezweifeln. Durch die Trennung in einen Handels- und einen politischen Teil könnte der Handelsteil ohne Einstimmigkeit und ohne Einbindung nationaler Parlamente beschlossen werden. Damit könnte das Nein Österreichs zum EU-Mercosur-Abkommen ausgehebelt werden.
Entgegen seiner offiziellen Linie hat gestern auch der ÖVP-Bauernbund, vertreten durch Präsident Georg Strasser, eine Überprüfung durch den EuGH abgelehnt. „Das ist angesichts der klar ablehnenden Haltung der österreichischen Bäuerinnen und Bauern dem Abkommen gegenüber völlig unverständlich“, kritisiert Oliver Keller, Referent für Anwaltschaft im Welthaus Graz. Der ÖVP-Bauernbund schwäche mit der Ablehnung der rechtlichen Prüfung seine Glaubwürdigkeit – ebenso wie die SPÖ in sozialen und ökologischen Fragen. Die Partei hatte sich 2019 noch deutlich gegen das EU-Mercosur-Abkommen ausgesprochen.
Keinen großen Wert auf Rechtstaatlichkeit
Eigentlich hat der österreichische Nationalrat die Bundesregierung 2019 per Ministerratsbeschluss verpflichtet, alle Maßnahmen zu ergreifen, um den Abschluss des Mercosur-Abkommens zu verhindern. „Würden die Regierungsfraktionen den Beschluss des Parlaments ernst nehmen, wäre es das Mindeste, nun dieser rechtlichen Prüfung zuzustimmen“, sagt Keller. Auch die Position der NEOS sei nicht nachvollziehbar, ergänzt Markus Meister, Geschäftsführer von Welthaus: „Warum stimmen sie nicht einmal einer Überprüfung dieser Vorgangsweise zu, wo sie sonst immer großen Wert auf Rechtstaatlichkeit legen?“
Dass ein Abkommen, das weder ökologische, soziale noch menschenrechtliche Standards sicherstellen kann, nun über rechtliche Spitzfindigkeiten durchgewunken werden soll, erhöhe jedenfalls nicht die Glaubwürdigkeit der europäischen und auch österreichischen Politik, meint Meister. „Das Abkommen hat auf keine der großen Herausforderungen – von der Klimakrise über den Verlust der Biodiversität bis zur Welternährung – eine Antwort“, sagt Meister. Nach der gestrigen Ablehnung im österreichischen Parlament liegt es nun am EU-Parlament, eine Prüfung des EU-Mercosur-Abkommens beim EuGH zu beantragen.
