Foto: Cheryl Ramalho iStock

Klimagerechtigkeit

Die Klimakrise trifft arme Menschen ganz besonders, obwohl sie am wenigsten dazu beitragen. Dabei ist oft die Rede von „Klimagerechtigkeit“. Doch was bedeutet das eigentlich genau? Wer trägt die Verantwortung für die globale Erwärmung? Und wer soll für die Schäden aufkommen?

Die Klimakrise ist ungerecht. In Armut lebende Menschen, die einen Bruchteil der klimaschädlichen Treibhausgase verursachen, spüren die Folgen der Erderwärmung mit voller Härte. Ein Blick in die jüngste Vergangenheit: 2022 litt Ostafrika unter einer katastrophalen Dürre. Drei aufeinander folgende Regenzeiten waren ausgefallen. Ernten verdorrten, Tiere verdursteten oder verhungerten. In Äthiopien, Somalia, Uganda und Kenia verloren Millionen Menschen ihre Lebensgrundlage, Hunger breitete sich aus. Im selben Jahr stand nach verheerenden Regenfällen zeitweise ein Drittel Pakistans unter Wasser. In Teilen des Landes war in der Monsunzeit viermal so viel Niederschlag wie üblich gefallen. Millionen Pakistaner:innen verloren ihr Zuhause, die Fluten forderten tausende Tote und Verletzte.

Im Vorjahr – dem heißesten Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen – reihte sich eine Wetterkatastrophe an die nächste: Verheerender Regen sorgte im Februar in Brasilien für beispiellose Überschwemmungen, in Madagaskar und Mosambik richtete der Zyklon Freddy schwere Verwüstungen an. Ab April gab es Rekord-Hitze von Nordafrika über Indien bis China, im Juni und Juli erneut schwere Überschwemmungen in Pakistan. Wetterextreme gab es zwar schon immer. Fakt ist aber, dass sie mit der globalen Erwärmung generell zunehmen und stärker ausfallen.

Betroffene und Verursacher

Auch die reichen Industriestaaten sind zunehmend von Hitzewellen, Starkregen, Stürmen, Trockenheit und schneearmen Wintern betroffen. Mit ihrem Vermögen, ihrer Infrastruktur und Macht sind sie aber besser als ärmere Länder in der Lage, sich an die Klimakrise anzupassen. Bei vielen einkommensschwachen Ländern kommt die geographische Lage hinzu: Von den zehn Ländern, die in den vergangenen Jahren am stärksten von der Klimakrise betroffen waren, sind acht Entwicklungsländer. Finanzielle Mittel zur Klimawandel-Anpassung sind jedoch in Ländern wie Somalia, dem Jemen und Afghanistan Mangelware.

Diese Entwicklung ist auch historisch betrachtet äußerst unfair: Verursacht haben die Klimakrise zum Großteil die reichen Industrienationen: Seit 1750, dem Beginn der Industrialisierung, haben die USA und Europa durch die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas fast die Hälfte der globalen CO2-Emissionen ausgestoßen (25 Prozent und 22 Prozent). China belegt zwar heute mit fast 10 Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr weltweit Platz eins, hat aber seit 1750 „nur“ 12,7 Prozent der CO2-Emissionen zu verantworten (Indien: 3, Russland: 6 Prozent).

Wer zahlt für die Klimakrise?

Angesichts dieser Fakten ist es nicht weit bis zur Forderung nach „Klimagerechtigkeit“: Damit ist gemeint, dass nach dem Verursacherprinzip jene Länder, die die Hauptverantwortung an der Erderwärmung tragen, global für die Folgen und Schäden des Klimawandels aufkommen sollen. Klimafinanzierungen und Schuldenerleichterungen sind auch ein großes Thema bei den UN-Klimakonferenzen, wie bei der jüngst in Dubai abgehaltenen COP28. Neben dem Aufruf zum „Übergang“ weg von fossilen Energien, mit dem „im Einklang mit der Wissenschaft die Klimaneutralität bis 2050 erreicht werden soll“, wird im Abschlussdokument der Konferenz betont, dass der Übergang „auf eine gerechte, geordnete und faire Weise“ erfolgen müsse – diesen Zusatz hatten vor allem Entwicklungsländer gefordert.

„Die Schaffung eines Fonds für Schäden und Verluste zur Unterstützung ärmerer Länder ist sicher ein Erfolg der Klimakonferenz“, sagt Welthaus-Geschäftsführer Markus Meister. Er kritisiert jedoch, dass „die zugesagten Finanzmittel noch in keinem Verhältnis zu den tatsächlichen Schäden in den ärmsten Ländern stehen.“

Die zugesagten Finanzmittel stehen noch in keinem Verhältnis zu den tatsächlichen Schäden in den ärmsten Ländern.

Markus Meister, Welthaus-Geschäftsführer

Klar ist: Ungeachtet von Absichtserklärungen bei Klimakonferenzen passen sich Menschen rund um die Welt längst an die Folgen der Klimakrise an – einfach weil sie müssen: Bäuerinnen und Bauern verwenden trockenheitsresistentes Saatgut, bauen schneller reifende Früchte an, sie legen nachhaltige Bewässerungssysteme an oder errichten Schutzwälle gegen Überflutungen. Oft sind es lokale und internationale Organisationen, die sie dabei unterstützen, so fördert etwa Welthaus im Senegal, Tansania, Guatemala, Brasilien und Laos derartige Projekte.

Unfair – auch in Österreich

Die Klimaveränderung ist auch in Österreich längst spürbar. Wir passen uns ebenfalls an – vom Ausbau des Hochwasserschutzes und Schneekanonen bis zu kühlenden Maßnahmen in den Städten und „klimafitten“ Pflanzen in der Land- und Forstwirtschaft. Klimagerechtigkeit ist auch hierzulande ein Thema: Wohlhabende stoßen durch ihren Lebensstil viel mehr CO2 aus als ärmere Menschen. Gleichzeitig leben sie meist in besser isolierten Wohnungen oder Häusern, oft in kühleren, ruhigeren Gegenden mit besserer Luft. Die ökosoziale Steuerreform ist ein Schritt in die richtige Richtung: Wer sich klimaschädlich verhält, zahlt durch die CO2-Bepreisung mehr. Je weniger CO2 verbraucht wird, desto mehr bleibt vom Klimabonus übrig.