Foto: Naturfreunde International

SDG-Wanderung: Senegal meets Graz

Ein „Urban Hike“ im Zeichen von Ernährungssouveränität, Lebensmittelverschwendung und Zero Waste führte am 25. Juni durch Graz. Mit dabei: Expert:innen aus Senegal. 

Von Kim Ressar (NFI) und Silvia Marhold (Welthaus Graz)

„Wie wichtig ist es, dass das Frühstück in eurer Familie schnell zubereitet ist?“ Die erste Frage, die an diesem Morgen gestellt wurde, gab uns schon tiefe Einblicke in unseren unterschiedlichen Alltag – nämlich schon bevor überhaupt gegessen wird. Während man sich bei uns einfach das Marmeladebrot schmiert, muss man in Senegal zuerst Wasser und Holz besorgen, damit das Frühstück zubereitet werden kann. Und bei diesem Zubereitungsprozess reden wir nicht von einer Menge für Kleinfamilien, sondern für ein Frühstück für 8–10 Personen. Ein durchaus arbeitsintensiver Start in den Tag!

Zu viele Lebensmittel gibt es bei uns nicht

Amady Sow

Während wir mit Initiativen wie Foodsharing und den FairTeilern in Graz versuchen, der massiven Lebensmittelverschwendung entgegenzuwirken – immerhin reden wir da von ca. 18.000 Tonnen Lebensmittel allein in der Steiermark – , gibt es so etwas wie „Verschwendung“ in Senegal nicht. „Das Einzige was dazu führt, dass Lebensmittel nicht verwendet werden, ist, dass sie nicht lange genug gekühlt werden können“, erzählte Amady Sow, Projektpartner von Welthaus Graz aus dem Senegal, beim „Urban Hike“ durch Graz. Lebensmittel, wie etwa Mangos, verrotten zu oft am Feld – und genau da wollen die Institutionen von Amady Sow und Noella Thiaw ansetzen.

Sie unterstützen lokale Agrarinitiativen, um eine nachhaltigere und lukrativere Landwirtschaft in der Region zu ermöglichen. Die Bäuerinnen und Jugendliche aus der Gegend suchen Unterstützung und genau die bekommen sie bei den beiden. Ein großer Wunsch der beiden ist, die geernteten und verarbeiteten Lebensmittel kühlen zu können, damit nichts an wertvollen Lebensmitteln verrottet. „Die Suche nach Projektpartner:innen, die uns dabei unterstützen können, ist unser nächster großer Schritt.“

Wir wollen, dass Frauen ihren Mann stehen können

Noella Thiaw

Abgesehen von der Lagerung baut Noella mit ihrer NGO Symbiose und den Bäuerinnen an Wassertürmen und Solarpumpen, und sie versuchen sich an der Herstellung von lokalem Biodünger. Gerade aus diesem Grund war der Besuch im „das Dekagramm“ bei unserem „Urban Hike“ so wertvoll für sie. Die eigene Herstellung von Produkten und der Vertrieb wie etwa von Waschmittel, ist etwas, dass ihr Interesse geweckt hat. Je selbstständiger die Bäuerinnen arbeiten können, desto unabhängiger sind sie. Empowerment für Frauen wird groß geschrieben. Und nun mag man sich fragen, was mit dem verdienten Geld passiert? Das behält jede Frau selbst!

Verbreitet werden Infos über die Organisationen mittels lokaler Radioanstalten, da es in den ländlichen Gebieten keine andere Informationsquelle gibt. Über diesen Kanal findet auch Amady Sow und seine NGO OFAD Jugendliche, mit denen er sich auf die Verarbeitung von Lebensmitteln – z.B. von Seifen, Sirup durch Früchte und Essig – konzentriert. Junge Menschen soll eine Perspektive gegeben werden, im Land zu bleiben. Und es gibt jenen Halt, die nach einem Migrationsversuch wieder in das Land zurückkommen. Ihnen soll ermöglicht werden Geld zu sparen, um später ein eigenes Geschäft zu eröffnen. Dieser soziale Gedanke vereint uns in diesem Moment bei unserem Frühstück im Paulschlössl ReUse Café, wo Menschen für ein paar Monate beschäftigt und ausgebildet werden, die aus diversen Gründen Schwierigkeiten am Arbeitsmarkt haben.

Wir können nun klar sehen, dass die Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele nicht eindimensional sind. Die zentralen SDGs auf unserer ersten Wanderung, nämlich SDG 2 „Kein Hunger“ und SDG 12 „Nachhaltiger Konsum und Produktion“, sind ein Zusammenspiel aus ökologischen, ökonomischen und vor allem auch sozialen Initiativen, die uns gemeinsam näher zu einer nachhaltigeren, gerechteren und lebenswerten Welt bringen.

Die Naturfreunde International und das Welthaus Graz bedanken sich herzlich bei den Gästen und Projektpartner:innen Noella Thiaw und Amady Sow, die uns auf unserem „Urban Hike“ begleitet haben. Wir freuen uns auf weitere spannende Einblicke bei den nächsten SDG-Wanderungen.

Senegal-Projekte von Welthaus

Das Dekagramm

Paulschlössl ReUse Café